Essen & Gesundheit

Schwarzer Holunder, die „lebendige Hausapotheke“

Schwarzer Holunder (Sambucus nigra) wächst überall am Wegesrand, an Waldböschungen und auch in unseren Gärten. Im Juni erscheinen die handtellergroßen Blütendolden. Diese setzen sich aus unzählig vielen kleinen duftenden, fünfzipfligen Einzelblüten zusammen.

Der Holunder, aus der Familie der Geißblattgewächse, gedeiht ohne jede weitere Pflege, denn er hat ein vitales Regenerationsvermögen. Selbst wenn er radikal bis zur Wurzel gekürzt wird, treibt er aus den Wurzeln immer wieder aus. Besonders gut gedeiht der Holunder in der Nähe von Kompost. Dort ist die Erde besonders nährstoffreich und feucht. Der heimische Schwarze Holunder liegt auf der Hitliste der Futtersträucher für Vögel ganz oben, genau auf Platz zwei, gleich hinter der Vogelbeere. Insgesamt finden 62 Vogelarten im Holunderbusch Nahrung.

Schwarzer Holunder: Geschichte und Mythos

„Vor der Kamille sollst du den Hut zieh‘n, vor dem Holunder aber niederknien.“ Volksmund

Schon in den Speiseresten der Steinzeitmenschen fanden sich Holundersamen. Das beweist, dass schon in prähistorischer Zeit vor 10.000 Jahren unsere Vorfahren, lange bevor sie Metalle kannten, die Beeren des Schwarzen Holunders gegessen haben. In der Antike und auch in der nordischen Mythologie gilt der Holunderbaum als heilig.

Unsere Vorfahren betrachteten den Strauch als die Wohnung des guten Hausgeistes. Der Holunder war der Haus- und Lebensbaum schlechthin. In ihm wohnten die Hollinnen, die Vegetationsgöttinnen, denen man bei Krankheiten Brot und Käse brachte. In Norddeutschland spendete man dem Holunder Bier und Wolle. Man ging davon aus, dass die Zerstörung dieses heiligen Baumes großes Unglück, ja den Tod bringt. Und man glaubte, dass ein Familienmitglied sterben wird, wenn der Holunder verdorrt. Der Holunder erscheint im alten Volksglauben somit als Lebensbaum. Ein Gebot besagte: „Vergreife dich nicht an einem einzeln dastehenden Busch.“

Auch das Verbrennen von Holunderholz sollte Unglück bringen. In all diesen Warnungen schimmert noch der Glaube an den göttlichen Ursprung des so hoch gehaltenen Baumes durch. Das ist verständlich, wenn man weiß, wie lange dieser Baum schon der schützende Begleiter der Menschen ist. Er war das Abwehrmittel gegen schwarze Magie. Außerdem schützte er vor Feuer und Blitzschlag. Vor die Stalltür gepflanzt, beschützte er auch das Vieh vor Krankheit und Zauberei.

Die Hausapotheke

Alle Teile des Holunders wurden volksmedizinisch genutzt. Er war die „lebendige Hausapotheke“ des deutschen Einödbauern, geradezu die Universalmedizin. Sein frischer Saft diente als Brandsalbe. Die Blätter legte man auf Schnittwunden, damit sie nicht eitern oder bei Zahnschmerzen auf das Zahnfleisch. Schon Hippokrates verwendete Holunderblätter als Wundverband. Bei Kopfschmerzen band man sich Holunderrinde um die Stirn. Geschabte Rinde mit Mehl vermischt diente als Zusatz für Wickel bei Hauterkrankungen. Bei Heiserkeit wurde das Holundermark auf den Hals gestrichen. Die Blüten und Blätter galten in erster Linie als schweißtreibendes Mittel. Aus ihnen bereitete man einen Tee zu, denn eine tüchtige Schwitzkur galt zu Recht bei allen menschlichen Krankheiten als ein gutes Mittel.

Manchmal war der Holunder auch ein teuflischer Baum. Das ist vielleicht ein Hinweis auf seine frühere heidnische Verehrung. Eine Göttin mit Namen Holda oder Holle soll ihm seinen Namen gegeben haben. Die heidnische Vegetationsgöttin lebt noch im Märchen der Gebrüder Grimm als Frau Holle weiter.

 Schwarzer Holunder: Wirkung

Die Holunderblüten enthalten Salizylsäure, den Wirkstoff des Aspirins. Salicylsäure wirkt schweißtreibend und fiebersenkend. Er gilt als Geheimtipp bei Erkältungen. Eine heiße Zitrone mit Holunderblütensirup ist daher eine leckere und wirksame Alternative zu mancherlei Medikamenten. Die Blüten sind außerdem sehr mineralstoffreich. Holunderbeersaft stärkt die körpereigene Abwehr und schützt dadurch vor Erkältungen.

Achtung: Die unreifen Früchte und die Blätter, Blattstiele und Samen des Schwarzen Holunders enthalten geringe Mengen an zyanogenen Glykosiden wie Sambunigrin und Prunasin. Sie sind gering giftig und sollten deshalb auf keinen Fall mit verzehrt werden. Die Vergiftungssymptome sind Durchfall und Erbrechen, doch in der Regel ist keine Behandlung erforderlich. Die Beeren vor dem Verzehr kochen, nicht roh essen.

Holunderblüten und Holunderbeeren 

Die Holunderblüten erntet man am besten kurz nach dem Aufblühen, noch bevor sich in ihnen die schwarzen Blattläuse häuslich eingerichtet haben. Vor jeder weiteren Verwendung die Blüten gründlich nach Insekten absuchen oder in Salzwasser einlegen und im Küchenhandtuch ausschlagen. Aus den Blüten kann man Holundersirup herstellen oder Sie in Backteig frittieren. Mit Holundersirup lässt sich das beliebte Sommergetränk „Hugo“ herstellen.

Im August und September reifen die roten, später schwarzen Beeren, auch Fliederbeeren genannt. Sie sind äußerst Vitamin C und Kalium reich und enthalten Flavonoide, besonders das farbgebende Anthocyan, einen starken Radikalfänger.

 

Holunderbeeren, Holunder
Fast schwarze Holunderbeeren, ein starker Radikalfänger

Die Beeren sind erst nach dem Erhitzen essbar, sonst sind sie leicht giftig. Sie eignen sich für die Herstellung von Saft, Gelee oder Fruchtmus. Der Saft ist leicht herb. Daher mischt man ihn am besten mit Apfelsaft oder anderen süßen Fruchtsäften.

Schwarzer Holunder: Dekotipps

Die Blüten des Holunders lassen sich vielfältig verwenden. Die fragilen Blütendolden halten sich länger, wenn man sie ganz kurz am Ansatz abschneidet. Man kann sie so als Schwimmblüten in mit Wasser gefüllte Schalen geben oder in kleine Vasen stellen. Ihr zarter Duft und die feinen Blüten verbreiten eine zauberhafte Frühlingsatmosphäre.

Eine andere Möglichkeit, ihren Zauber über eine etwas längere Zeit zu erhalten, sind Zuckerblüten, die nicht nur „süß“ aussehen. Dazu werden die Blütenzweige zunächst in flüssiges Eiweiß und dann in feinen Kristallzucker getaucht. Danach auf Küchenkrepp trocknen lassen. Somit erhält

Holunderblüten, Holunder
Holunderblüten

man eine essbare Dekoration für viele Gelegenheiten. Ebenso lässt sich die Schönheit der Holunderblüten im Eis bannen. Dazu löst man vorsichtig einzelne Blütenzweige und gibt sie in die Fächer des Eiswürfelbehälters. Mit Wasser auffüllen und wie gewohnt einfrieren. Die Holunderblüten-Eiswürfel zieren jedes klare Getränk und machen auch ein einfaches Glas Mineralwasser zu etwas Besonderem.