Haushalt & Garten

Und in der Wüste wächst doch ein Baum – der Niembaum

Der Niembaum: Die Niemcooperative im Norden Venezuelas in der Gemeinde Dabajuro.

Niemcooperativen gibt es mittlerweile auch in Mittel- und Südamerika. Der Niembaum ermöglicht es, erosionsgeschädigte Böden wieder landwirtschaftlich nutzbar zu machen. In Venezuela gibt es ein Projekt der Friedrich Naumann Stiftung. 1992 begann man in Dabajuro mit der Pflanzung von 6000 Bäumen. Der Boden ist hier extrem trocken und versteppt. Obwohl es durchaus hin und wieder regnet, kann der Boden die herabfallenden Regenmengen nicht mehr aufnehmen. Wegen der fehlenden Vegetation mangelt es an Süßwasser. Darüber hinaus besteht die Gefahr der Versalzung. Die Ausnutzung von tiefen Brunnen bei den Ackerflächen senkte den Grundwasserspiegel ab. Deshalb ist an einigen Stellen bereits Meerwasser nachgeflossen. Dadurch wurde der Boden aufgrund der hohen Salzkonzentration unfruchtbar.
Der Niembaum, ein robuster Straßenbaum
Der Niembaum wächst am Straßenrand

Der Niembaum kann zwar nichts gegen die Versalzung des Bodens  ausrichten. Allerdings kann er auf den extrem trockenen, erosionsgeschädigten Böden wachsen. Die ursprüngliche Idee war es, Schatten zu gewinnen. Das sollte die Erosion stoppen, um unter den Bäumen dann irgendwann einmal wieder Landwirtschaft betreiben zu können. Inzwischen produzieren die Bäume so viel Früchte und damit Samen, dass man daraus bereits Insektizide gewinnen kann.

Gerhard Schnepel, Mitbegründer des Projektes : „Der Niembaum ist nicht nur ökologisch hochinteressant als Quelle für natürliche Insektizide, sondern weist auch ökologisch eine Perspektive auf, weil sich über die Vermarktung von Niembäumen aus den Baumschulen im Projekt Einnahmen erzielen lassen, die wichtig sind, um den Lebensstandard in diesen Orten zu verbessern.“

Der Niembaum und die Ziegen der Cooperative

In dieser heißen Gegend ist die Ziegenhaltung ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Leider ist die Ziegenhaltung durch Hautparasiten wie Läuse, Flöhe und Zecken stark bedroht. Die Kosmetik- und Naturheilspezialistin im Niemprojekt Veronica Seher entwickelte ein Niemshampoo, mit dem die Ziegen erfolgreich behandelt wurden.

Zwar finanziert das Niemprojekt keine wissenschaftlichen Arbeiten, doch stießen drei Veterinärmediziner zur Kooperative, die Unterstützung für ihre Diplomarbeiten suchten. Den jungen Wissenschaftlern stellte man Niemsamen zur Verfügung, um im Niem- und integrierten Ziegenprojekt eigene Versuche durchzuführen.

Die jungen Forscher fanden dabei heraus, dass eine Niemlösung nicht nur gegen äußere Parasiten wirksam ist, sondern dass sie gleichzeitig auch einer Reihe von inneren Schmarotzern, so genannten Endoparasiten, das Leben schwer machen kann. Die Ziegen sind stark befallen von parasitischen Einzellern und vor allem von Würmern. Der Eiweißstoffwechsel ist gestört, weil sie auch bei guter Fütterung nicht mehr alle Nährstoffe verwerten können. Das Fell der Tiere wird dann stumpf oder fällt sogar aus.

Die Wirkung von wässrigem Niemextrakt auf innere Schmarotzer war bis dahin kaum untersucht worden. Die jungen Forscher bewegen sich hier auf völligem Neuland. Nachdem die Wirksamkeit der Niemlösung erwiesen ist, müssen sie nun die richtige Konzentration für die innere Anwendung für eine Wurmkur finden. Die Experimente ergaben, dass der Fadenwurmbefall durch Niem deutlich gesenkt werden kann. Ziegen sprachen deutlich besser an als Rinder, obwohl beide Tierarten von verwandten Fadenwürmern befallen waren. Hier muss noch weiter geforscht werden.

Und in der Wüste wächst doch ein Baum

Die ersten Erfolge des Projekts erfüllen die stets ehrenamtlichen Mitarbeiter mit Stolz. Viele Venezolaner hatten die Kooperative zunächst belächelt, ja sogar verspottet: „In der Wüste wächst kein Baum“, hieß es von Seiten der Spötter. Heute ist der Gegenbeweis längst angetreten: Die Erträge aus dem Niemanbau sind mittlerweile so groß, das bereits der Export von Niemsamen und Öl ins Ausland geplant ist. Überall in Dabajuro finden sich Niembäume: Die Taxifahrer parken ihre Fahrzeuge in ihrem Schatten und warten auf die nächste Kundschaft. Die Plaza Bolivar, der zentrale Treffpunkt im Ort, wird begrünt von Niembäumen, und auch vor den einzelnen Wohnhäusern wachsen die Bäume zu stattlicher Größe heran.
Dabujuro, der Ort in der Wüste ist wieder ergrünt.
(aus dem Buch: Wunderbaum Niem von Ellen Norten und Jean Pütz)
Hobbytipp 260, Hobbythek